Wissenswertes zum Bohnerz-Lehrpfad

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Ausgangslage

Auf den Anhöhen und Wäldern im Südranden sind hunderte kraterförmige Vertiefungen zu entdecken. Bei diesen „Kratern“ mit Durchmesser von zwei bis zehn Metern, handelt es sich um Überreste einer Epoche, welche die Entwicklung des Klettgaus und Schaffhausen grundlegend verändert und geprägt hat.
Lange wurde hier Bohnerz abgebaut und während zweihundert Jahren in Neuhausen am Rheinfall verhüttet.
Die alten, vergessenen Bohnerzgruben haben sich zu wertvollen Feucht-Biotopen gewandelt, liegen als kraterförmige Vertiefungen trocken im Wald oder wurden mit Biomasse aufgefüllt.

Geschichte

Die Eisengewinnung im Schaffhauser Gebiet wird in der Merishauser Urkunde vom Jahre 1323 erstmals belegt. Jedoch kann davon ausgegangen werden, dass schon die Römer und Germanen in diesem Gebiet nach Bohnerz gegraben haben.
1622 wurde ein Hochofen in Eberfingen gebaut und 1678 schloss Schaffhausen mit dem Werk Eberfingen einen Erzliefervertrag. 1694 wurde am Rheinfall ein Schmelzofen in Betrieb genommen. Der Klettgau belieferte ab diesem Zeitpunkt die Hütten in Eberfingen sowie Laufen am Rheinfall mit Bohnerz. Infolge der kostspieligen Holzbeschaffung, der wachsenden Konkurrenz durch billigeres Importeisen und der gestiegenen Arbeitslöhne erfolgte 1762 die Stilllegung des Werkes in Eberfingen und 1771 auch die der Hütte am Rheinfall. Mit der Verstaatlichung aller Bergbaubetriebe durch die Helvetik wurden die Bergwerke wiederbelebt. 1803 erfolgte die Wiederaufnahme des Bohnerzbergbaus im Südranden – vor allem im Gebiet der Gemeinde Osterfingen. Das Bohnerz wurde von Fuhrleuten zu einem Lagerplatz nach Rheinau transportiert, von wo es mit Weidlingen zur Eisenhütte Albbruck geschifft wurde. Der neuerliche Erzabbau brachte Osterfingen endlich den bitter nötigen wirtschaftlichen Aufschwung.

Die dritte Abbauperiode ist eng verbunden mit dem Namen John Conrad Fischer, dem Gründer der Mühlentalwerke von +GF+. Er war der Initiator der dritten und letzten Abbauperiode von Bohnerz im Schaffhauser Randen. 1810 wurde der Schmelzofen am Rheinfall wieder in Betrieb genommen.
Der Bohnerzabbau veränderte die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Strukturen der Region und besonders der Gemeinden im Südranden tiefgreifend. Es arbeiteten rund 70 Erzgräber, vornehmlich Osterfinger und zeitweise über hundert Fuhrleute im Bergbau.
Weitere Arbeitsplätze waren indirekt vom Bergbau abhängig. Handwerker, Köhler und Fuhrleute waren in der Infrastruktur der Erzgewinnung tätig, z.B. stellten sie die Holzkohle für den Hochofen bereit.
Der Erzabbau hatte verheerende Folgen für den Wald auf dem Randen. Durch das bei der Erzwäscherei mit Ton verschlammte Wasser wurde der Waldboden abgedichtet. Über Jahre hinweg konnte keine Vegetation mehr gedeihen. Nur langsam erholte sich der Wald wieder.

Trägerschaft

Der Verein «Wangental Natur Pur» konstituierte sich im Jahr 2001 anlässlich eines ersten Umweltprojektes im Wangental.
Das 2002 lancierte Feuchtgebietprojekt „Im See“ wurde 2003 bis 2005 realisiert und ist zu einem Rückzugsgebiet für verschiedenste Tierarten geworden.
Zugleich zieht es auch Ruhe suchende Bewohner der Region an und ist als attraktives Naherholungsgebiet weit über die Region bekannt.

Der Verein Wangental Natur Pur pflegt und unterhält das Gebiet. Er ist in weiteren umweltrelevanten Bereichen aktiv. So realisierten Vorstandsmitglieder ein von der Gemeinde Wilchingen initiiertes
Vernetzungsprojekt in der Region von Osterfingen-Wangental.

Der Verein zählt heute ca. 170 Mitglieder (Einzel-, Familien- und Kollektivmitgliedschaften).

Projekt „Bohnerzspur“

Mit dem Projekt „Bohnerzspur“ will der Verein Wangental Natur Pur einen Natur- und Kultur-Erlebnislehrpfad erstellen. Dabei sollen die Besucher auf die sich in den Biotopen entwickelnde Natur aufmerksam gemacht werden und mehr darüber erfahren.
Darüber hinaus wird die Bohnerzgräberei und ihre Bedeutung für die Region in kultureller wie auch wirtschaftlicher Hinsicht erklärt.
Nicht vergessen wird in diesem Projekt der Wald im Allgemeinen, der eine immer wichtigere Rolle als Naherholungsgebiet einnimmt.
An besonderen Plätzen wird der Besucher aufgefordert, die Stille des Waldes bewusst wahrzunehmen und Ruhe und Erholung zu finden.

Projektziel

Die zum Teil unter Naturschutz stehenden Kleinbiotope sollen vor der Überdüngung und Versumpfung durch sich ansammelnde Biomasse geschützt und wieder zu einem wertvollen Lebensraum für Amphibien werden.
Die Technik und Auswirkung des für die Gegend wichtigen Bohnerzabbaus, soll an trockenen Gruben gezeigt und erklärt werden.
Umweltbildung wird mit Industriekultur verbunden und den Besuchern in Form eines kombinierten Erlebnislehrpfades attraktiv näher gebracht.

Ziele in Stichworten:

  • Schaffung und Erhalt von Lebensräumen für Amphibien
  • Schutz der Amphibien
  • Pflege und Erhalt der Bohnerzbiotope
  • Lebensraum schaffen für den Mittelspecht
  • Information und Umweltbildung
  • Ökonomische und ökologische Bedeutung des Bohnerzabbaus für die Region verdeutlichen
  • Kulturelles Erbe vermitteln und erhalten
  • Erlebnisorientiertes Lernen

Massnahmen

Biotope und Ökologie

Durch den Bohnerzabbau entstanden etliche Gruben, welche sich teilweise mit Wasser füllten und so zu einem Lebensraum für viele Amphibienarten wurden. Diese Gruben wurden bisher nur sporadisch oder gar nicht gepflegt, so dass sich Laub und Äste in den Gruben sammelte. Acht dieser Gruben sollen im Verlauf des Projektes von Biomasse befreit und wieder in Stand gestellt werden.
Die Waldbestände im Südranden weisen wertvolle Waldgesellschaften auf. So findet sich im Projektgebiet ein sehr eindrücklicher Bestand alter Eichen, durchmischt mit weiteren Laubbaumarten wie Weissbuche, Ahorn und Esche, aber auch Nadelbäume wie die Föhre.
Im Projektgebiet können einige Amphibienarten von Laichgewässern profitieren:

  • Grasfrosch
  • Erdkröte
  • Bergmolch
  • Gelbbauchunke

Während der Grasfrosch, die Erdkröte und der Bergmolch nicht sehr hohe Anforderungen an ihr Laichgewässer stellen, ist die Gelbbauchunke bevorzugt in den Bohnerztümpeln sowie weiteren pionierartigen Gewässern wie Lehmabbaugruben zu finden. Um die Laichgewässer für diese Amphibienarten zu erhalten, sollen die Gruben von Biomasse befreit werden.
Eine zusätzliche Besonnung ermöglicht eine Besiedelung mit Wasserpflanzen, welche ihrerseits für Libellen und andere Wasserinsekten attraktiv sind.
Dazu sollen einige Rotbuchen um die Gruben gefällt werden.

Der Mittelspecht ist in seiner Lebensweise eng an die Eiche gebunden. Der Kanton Schaffhausen trägt für den Mittelspecht eine besondere Verantwortung, da der Vogel in der Nordschweiz und entlang des Jurasüdfusses bedroht ist. Seine Bestände lassen sich nur sichern, wenn die bestehenden Eichen erhalten und junge Eichen vermehrt gefördert werden.
Die Schweizerische Vogelwarte Sempach, der Schweizer Vogelschutz SVS sowie das Bundesamt für Umwelt Bafu haben gemeinsam einen Aktionsplan zur Erhaltung und Förderung des Mittelspechts erstellt.
Im Projektgebiet sollen die bestehenden Eichen gepflegt und junge Eichen gefördert werden.
Weitere Massnahmen können mit den erwähnten Organisationen sowie mit dem kantonalen Planungs- und Naturschutzamt, dem Forstamt und der Gemeinde abgesprochen werden.
Im Gebiet des Südrandens kommen weitere Waldtiere wie das Wildschwein, der Sikahirsch oder das Reh vor. Auch diese Waldbewohner profitieren von Aufwertungen im Gebiet.
Das Wildschwein nutzt flache Gruben als Suhle oder zur Nahrungssuche (Wurzeln, Würmer, Insektenlarven).

Trocken-Gruben

Im Projektgebiet werden trockene Bohnerzgruben wieder so hergestellt, wie zur aktiven Abbauzeit.
Eine Grube wird als Erlebnisgrube ausgeschieden. Hier kann der Besucher selber nach Bohnerz suchen.

Lehrpfad und Informationsstand

Es wird ein Lehrpfad eingerichtet der die Besucher durch die Feuchtbiotope führt, sie auf Besonderheiten und Sehenswertes hinweist sowie die Bedeutung der Biotope als wertvollen Lebensraum erklärt.
Ebenfalls wird bei den Trockengruben ein Lehrpfad eingerichtet. Hier erfährt der Besucher wissenswertes über den Bohnerzabbau, dessen wirtschaftliche Bedeutung für die Region und die Menschen im Klettgau.
Beide Pfade sind als Bohnerzpfad miteinander verbunden.
Ein Informationsstand bei der Cholplatzhütte (Parkplatz) bietet nicht nur die Möglichkeit, Informationsmaterial über die beiden miteinander verbundenen Lehrpfade zur Verfügung zu stellen, sondern auch eine beschränkte Anzahl Exponate auszustellen.
Entlang der Lehrpfade führen Informationstafeln den Besucher in spezifische Aspekte der Themen rund um die Feuchtbiotope und den Bohnerzabbau ein.
Die drei Zwerge Grummli, Zwibi und Stups (s. Begleitbüchlein) führen den Besucher durch die Anlage.

Begleitbüchlein für Kinder und Erwachsene

Drei Zwerge, Grummli, Zwibi und Stups sind die drei Figuren, welche die Besucher durch den Lehrpfad führen. Ihre Erlebnisse mit der Natur, den Tieren und dem Bohnerzabbau erzählen sie in einem handlichen Büchlein. Illustriert ist das Büchlein von Daniela Räss, die schon bei verschiedenen Kinderbüchern mitgewirkt hat, getextet ist die Geschichte von Claudia Gysel.

Fachliche Begleitung

Die ökologische Aufwertung im Bereich des Projektgebietes wird fachlich begleitet durch die Biologin Gabi Uehlinger.
Sie ist unter anderem Präsidentin des Kantonalverband für Natur- und Vogelschutz Schaffhausen – BirdLife Schaffhausen und Mitglied der Projektgruppe des Vernetzungsprojektes der Gemeinde Wilchingen.
Als Vorstandsmitglied des Trägervereins Wangental Natur Pur ist sie für den Fachbereich Biologie zuständig.

Unterhalt und Betrieb

Der Verein Wangental Natur Pur wird nach Abschluss der Projektarbeit die Pflege und den Unterhalt der Lehrpfade im Rahmen seiner Vereinsaktivitäten übernehmen. Die Unterhaltsarbeiten werden weitgehend in Fronarbeit ausgeführt. Die weiteren Aufwendungen für die Pflege und den Unterhalt des Lehrpfades und der Biotope wird durch die laufende Rechnung des Vereins gedeckt.